Keine Angst vor erwachsenen Beziehungen

erwachsene Beziehungen

Wir haben es wirklich nicht leicht erwachsen zu werden, denn das hat in unserer Gesellschaft keinen guten Ruf. Wir verwechseln Erwachsen sein häufig mit Langeweile, Freudlosigkeit und Unzufriedenheit.

Natürlich sind diese Zustände kein Hinweis darauf, dass wir es geschafft haben, erwachsen zu werden. Im Gegenteil, wenn unser Leben freudlos und langweilig ist, liegt der Verdacht nahe, das wir leider NICHT erwachsen geworden sind, sondern im Kindsein festhängen. Gerade in unseren Liebesbeziehungen leiden wir besonders darunter, wenn wir selbst es nicht geschafft haben erwachsen zu werden oder, wenn unser Partner diesen Schritt vermeidet. Eine glückliche Beziehung zwischen Mann und Frau mit lebendigem auch sexuellem Austausch braucht zwei erwachsene Menschen.

Viel zu oft fühlen sich meist beide Partner innerlich wie ein Kleinkind. Sie bleiben irgendwie abhängig.  Die Symptome dieser Abhängigkeit sind vielfältig und zumeist völlig unbewusst. Der Verdacht, den Eltern noch nicht entwachsen zu sein, liegt nahe, wenn ihr das folgende Verhalten auffällig oft bei EUCH beobachtet. Lasst den Partner erstmal außen vor und guckt nur, ob ihr bei euch selbst solche Verhaltensweisen beobachtet.

  • Ständige Vorwürfe
  • Unzufriedenheit
  • Enttäuschte Erwartungen
  • Agressives Verhalten
  • Beleidigtes Schweigen
  • Misstrauische Eifersucht
  • Angst verlassen zu werden

Das ist die Stimme eures inneren Kindes, das den Blick immer noch auf die Eltern richtet und das von ihnen noch etwas erwartet. Aber spätestens wenn wir ca. 20 Jahre alt sind, sind diese Ansprüche überzogen und sie werden ganz sicher niemals von unseren Eltern erfüllt werden. Unser Verstand weiß das natürlich aber was wir dann unbewusst tun ist, diese Ansprüche jetzt an den Rest der Welt zu stellen, denn wir brauchen ja noch etwas! Unser Partner ist da natürlich immer der erste, der diese Bedürfnisse erfüllen soll – und es selbstverständlich nicht tun wird. Er kann es gar nicht.

Eine Ursache für das Steckenbleiben im Kindlichen ist, dass das Erwachsenwerden in unserer Gesellschaft keinen Platz mehr hat. Einstmals kraftvolle Initiationsrituale der Urvölker sind über die Jahrhunderte hinweg verkümmert. Fragmente davon finden sich in Konfirmation, Firmung und Jugendweihe. Doch das sind häufig sinnentleerte, kraftlose Rituale, die eher einem Geburtstagsfest gleichen und in dessen Mittelpunkt die materiellen Gaben stehen. Der Sinn eines Übergangsrituals für Jugendliche ist längt verloren gegangen. Nur wenige Eltern wissen heute, wie sie ihre Jugendlichen begleiten und vor allem loslassen können auf ihrem Weg zum erwachsenen Menschen, der die volle Verantwortung für sich übernehmen kann. Wenn es gelingt, dann eher zufällig.

Und so bleiben wir vielfach in der kindlichen Erwartungshaltung stecken, die sich mit ihren Ansprüchen an die Eltern wendet und leiten damit unsere Energie in die falsche Richtung. Es ist der verzweifelte Versuch, gegen den Strom zu schwimmen. Das kostet enorm viel Kraft, die eigentlich für die persönliche Entwicklung dringend gebraucht wird. Um diesen leidvollen und kraftlosen Kreislauf zu durchbrechen braucht es ein Ritual, das den einzelnen Personen ermöglicht, bewusst den eigenen Platz einzunehmen und von dort aus leichter, kraftvoller und liebevoller zu handeln.

Eine Systemaufstellung hilft zu erkennen, wo und ob wir noch zu sehr an unseren Eltern hängen, ihnen noch Vorwürfe machen oder noch etwas erwarten, das nicht nachholbar ist. Diese Ansprüche gilt es endlich bewusst loszulassen. Es ist nie zu spät erwachsen zu werden.

Nach den Ritualen der Urvölker waren die initiierten Erwachsenen nicht mehr die Kinder ihrer Eltern, sie waren gleichberechtigte erwachsene Mitglieder der Gesellschaft, trugen einen anderen Namen und sprachen auch die Eltern anders an. Natürlich können diese archaischen Rituale nicht wieder belebt werden, aber sie erlauben einen erweiterten Blick auf die Eltern-Kind-Bindung und unseren Weg da raus hin zu mehr selbstwirksamem Handeln.

In einer Aufstellung ist es möglich, sich bewusst dem eigenen Leben zuzuwenden, die Kraft, die wir dadurch gewinnen, wird sofort spürbar. Mit Blick in die Zukunft nehmen wir die Lebensenergie aus der Vergangenheit von unseren Eltern so wie sie war und nutzen sie in der Gegenwart. Die blinde kindliche Verbindung weicht einer erwachsenen Verbundenheit und gegenseitige Erwartungen hören auf.

Dieser durch die Aufstellung symbolisch vollzogene Akt ist immer ein sehr schmerzhafter Prozess, der jedoch – wenn er gelingt –  große Erleichterung und einen deutlich spürbaren Energiegewinn zur Folge hat. Was wir dann daraus machen, liegt endlich in unserer eigenen Verantwortung.

Häufig erkennen wir erst nach einer Aufstellung, dass wir mit unserer Bedürftigkeit, die wir glaubten zu haben, nicht nur auf unsere Partner, sondern auch auf die eigenen Kinder und sogar auf den Arbeitgeber geschaut haben.

Mit diesem neuen Bewusstsein übernehmen wir jetzt auch in diesen Beziehungen die Verantwortung. Natürlich bleibt eine gewisse Abhängigkeit vom Partner, von den Kindern, vom Arbeitgeber, doch die wird gegenseitig erlebt, denn durch unsere veränderte Haltung sind wir in der Lage Geben und Nehmen zu genießen. Wir sind im Austausch.

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