Achtsamkeit und die Exfrau des Partners

Exfrau des Partners

Achtsamkeit ist nicht nur ein schönes Wort, es ist auch ein schöner Zustand. Wer achtsam ist, ist sofort im Hier und Jetzt. Ein achtsamer Mensch nimmt sich selbst und seine Umgebung ganz genau wahr. Er erlebt mehr an einem Tag und fühlt sich lebendig. Achtsamkeit ist wirklich nur zu empfehlen.
Aber es gibt noch einen weiteren Aspekt zur Achtsamkeit, der deutlich schwieriger ist. Auf Wikipedia steht unter dem Stichwort Achtsamkeit:

„Achtsamkeit ist die Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse anderer Menschen.“

Und damit kommen wir zum eigentlich Thema dieses Blogartikels. Es geht und die Achtsamkeit im Umgang mit der Exfrau des Partners.

In meiner Facebook Gruppe für Starke Patchwork Paare war das Thema in der letzten Woche besonders präsent. Das schöne an dieser Gruppe ist, dass sich dort Menschen begegnen, die sich mit ihren Herausforderungen als Teil einer Patchworkfamilie zeigen und gegenseitig unterstützen. Außerdem sind in dieser Gruppe sowohl Frauen, die unter der Exfrau des Partners leiden, als auch Exfrauen, die unter der neuen Frau des Partners leiden.

Wie kann ein achtsamer Umgang mit den Bedürfnissen der anderen Menschen in dieser besonderen Situation aussehen?

Die Exfrau des Partners macht das Leben zur Hölle

Was kann die neue Frau tun, wenn die Exfrau des Partners alles tut, um das Leben der Folgefamilie so schwierig wie möglich zu machen?
Wenn sie die Kinder benutzt?
Ihnen Lügen erzählt?
Die neue Frau vor den Kindern beschimpft?
Zu den unmöglichsten Zeiten anruft?
Verabredungen nicht einhält?
Natürlich leidet darunter das Familienleben und auch die Partnerschaft. Die neue Frau ist wütend, hilflos und verzweifelt über die Situation.

Wie kann sie jetzt maximal achtsam vorgehen?

  1. Das erste Gebot bei allen Konflikten in Patchworkfamilien lautet immer:
    Kinder in Sicherheit bringen!
    Es ist wichtig, sie als Kinder zu sehen, die sich zerrissen fühlen zwischen den eigenen Eltern. Kinder, die in Not sind. Diskussionen oder Streitereien über irgendwelche Lügengeschichten verschlimmern alles nur noch.
    Wenn die neue Frau ihr Herz für die Not der Kinder offen hält, dann kann sie sogar dann, wenn diese verwirrt, wütend oder krank von der Exfrau des Partners zurück kommen, liebevoll bleiben.
      Sie kann die Wut der Kinder aushalten, weil sie weiß, dass es ein Hilferuf ist, der nicht ihr gilt sondern den eigenen Eltern. Sie kann selbst bei der Wahrheit bleiben und den Kindern eine gute Freundin sein.   
    Viel häufiger wird sie jedoch damit überfordert sein und selbst total wütend auf die Exfrau sein. Sie wird sich über das, was sie oder die Kinder sagen, aufregen. Sie wird der Frau gegenüber Wut oder sogar Hass empfinden.   Dann ist es wichtig, dass sie erstmal raus geht aus der Situation. Wenn das physisch nicht möglich ist, dann hilft es, innerlich einen Schritt zurück zu treten und zur ersten Hilfe bei allen dramatischen Emotionen zu greifen:
    Tief einatmen. Tief ausatmen. Lächeln.
  2. Jahrhunderte alte Familientraditionen erwarten von den Frauen einer Gesellschaft, dass sie sich um die Kinder kümmern und zwar nur sie. Für Männer ist das nichts. Auch wenn sich diese Haltung langsam wandelt, steckt diese Rollenteilung noch tief im kollektiven Gedächtnis.
    Gerade in Patchworkfamilien kann diese gesellschaftliche Erwartung für die neue Frau zum Problem werden. 
    Früher hießen Patchworkfamilien Stieffamilien und in den Märchen, die ja eigentlich psychologische Erzählungen sind, ist es immer die Stiefmutter, die „böse“ wird. Dabei ist sie keineswegs böse, sondern schlicht überfordert mit der Situation. 
    Von ihr wird erwartet, dass sie mütterlich ist und irgendwie für die Kinder des neuen Partners verantwortlich ist. Und auch die neue Frau gerät leicht in diese Erwartungshaltung sich selbst gegenüber.
    Sie darf selbstverständlich ihr Herz für die Kinder offen halten, aber sie sollte nicht die Verantwortung übernehmen, die eigentlich der Vater für die Kinder hat! Die alten Rollenbilder haben eine extrem machtvolle Wirkung.
    Es braucht ganz besonders viel Achtsamkeit, auch für die eigenen Bedürfnisse. Es ist gut, wenn sie ihm von ihren Befürchtungen erzählt und ihn zum Beispiel bittet, das Gespräch mit seiner Ex-Frau zu suchen. Im Interesse der Kinder!
    Aber nur er kann an dieser Stelle verhindern, dass seine Patchworkfamilie zum Horroszenario wird, unter dem alle leiden. 
    Wahrscheinlich wird er nicht sofort darauf eingehen und vielleicht hat die neue Frau auch Angst, dass die beiden sich dann wieder näher kommen könnten. Auf lange Sicht ist es dennoch der beste Weg für alle Beteiligten. Es folgen nämlich noch sehr, sehr, sehr viele Abstimmungen, Feierlichkeiten und am Ende auch noch Enkelkinder.
  3. Trotzdem ist die neue Frau nicht zur Ohnmacht und Tatenlosigkeit verdammt. Sie kann sich mit ihrer Wut gegen die Exfrau des Partners beschäftigen.
    Was steckt wirklich dahinter?
    Ist es die Angst, vor ihrer Macht als Mutter seiner Kinder?
    Ist es Konkurrenz, Neid oder Verachtung, weil eine von beiden scheinbar nicht gut genug ist?
    Ist es die Sorge oder das Schuldgefühl, eine Familie zerstört zu haben?
    Was immer es ist, es darf Achtsamkeit erfahren, denn verdrängt und unterm Teppich entwicklen diese Gefühle extremen Sprengstoff für die Partnerschaft. 
     
    An dieser Stelle passt eine wunderbare Meditationsübung, die ich bei einem sehr frühen Seminar mit Bert Hellinger erlebt habe. Es ist eine Meditation zu unseren inneren Feinden.   Sie ist eigentlich eine Zumutung, wie so vieles von Bert Hellinger, aber ich selbst habe diese Meditation als wirklich heilsam erlebt. 

    Meditationsübung – Liebe deine Feinde!

    Exfrau des Partners - MeditationZunächst mal braucht es einen Ort der Ruhe, ein bisschen Zeit und natürlich Achtsamkeit. Der Atem darf tief und entspannend fließen.Schließ die Augen und stell dir vor, die Exfrau deines Partners stehe vor dir. Schau sie an.
    Wie steht sie da?
    Was fühlst du?
    Was könnte sie sagen?
    Was möchtest du am liebsten alles zu ihr sagen?

    Atme tief ein und aus und lass alles da sein, was du spürst, fühlst und denkst. Lass dir Zeit und lass alles raus, was du ihr sagen möchtest. Dann warte eine zeitlang in Stille. Bleib ganz entspannt vor ihr stehen und dann sag innerlich den Satz zu ihr:
    „Ich bin wie du“

    Diese tiefe Solidarität unter Frauen, aber auch einfach unter Menschen, fehlt seit so vielen Generationen. Es ist okay, wenn erstmal Wut, Trauer oder Verzweiflung hochkommt. Wiederhole die Meditation einfach immer wieder, bis du Frieden in dir spürst.
    Unter diesem Link habe ich die Meditation auch einmal für dich aufgenommen.
    Sie hilft übrigens nicht nur bei Exfrauen.

    Du kannst sie auf jeden Feind anwenden und selbstverständlich auch auf jeden Freund.

Die Exfrau des Partners leidet unter der neuen Familie

Was ist nun aber mit der Exfrau des Partners selbst? Sie muss es aushalten, dass ihre Kinder mit einer anderen Frau zusammen sind. Sie kann diese nicht schützen vor dem, was dort passiert. Sie muss es aushalten, dass die neue Frau dabei ist, wenn die Kinder besondere Momente erleben und sie selbst nicht.  Gerade wenn sie allein bleibt und ihr Ex-Partner wieder eine Familie gründet, fühlt sie sich ersetzt und genauso wütend, hilflos und verzweifelt wie die neue Frau im vorherigen Beispiel.

Es kann sein, dass sie jetzt wirklich seltsame Verhaltensweisen an den Tag legt. Sie kann irgendwie nicht anders, als die scheinbare Harmonie zu stören. Sie spürt die Lüge, fühlt sich ausgegrenzt, erniedrigt, ersetzt! Schlicht und ergreifend MIES!

Wie könnte sie mit maximaler Achtsamkeit ihre Situation verbessern?

  1. Natürlich gilt auch hier wieder das erste Gebot:
    Kinder in Sicherheit bringen!
    Zunächst mal kann sie sich vor Augen führen, dass sie weltweit die einzig mögliche Mutter dieses Kindes oder dieser Kinder ist. Niemand kann sie jemals ersetzen! Das ist unmöglich.
    Egal, welche Fehler sie sich noch vorwirft  oder auch tatsächlich begangen hat. Egal, welchen Anteil sie an der Trennung hat, sie bleibt ihre Mutter. Die physische Verbindung, die sie zu ihnen hat, ist und bleibt einzigartig.
    Aber Achtung! Die Kinder sind nicht ihr Besitz! Sie gehören weder ihr noch ihrem Vater und schon gar nicht der neuen Frau des Vaters. Sie gehören sich selbst und dem Leben.
    Hier muss ich einfach das Gedicht von Khalil Gibran zitieren, auch wenn ich es in diesem Blog schon einmal
    getan habe:      

    Eure Kinder sind nicht eure Kinder.

     

    Sie sind die Söhne und die Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber.
    Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,
    Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht. 

    Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken,
    Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.

    Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben, aber nicht ihren Seelen,
    Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen,
    das ihr nicht besuchen könnt,
    nicht einmal in euren Träumen. 

    Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein,
    aber versucht nicht, sie euch ähnlich zu machen.
    Denn das Leben läuft nicht rückwärts
    noch verweilt es im Gestern. 

    Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder
    als lebende Pfeile ausgeschickt werden.

    Der Schütze sieht das Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit,
    und er spannt euch mit seiner Macht,
    damit seine Pfeile schnell und weit fliegen.

    Laßt eure Bogen von der Hand des Schützen
    auf Freude gerichtet sein;
    Denn so wie er den Pfeil liebt, der fliegt,
    so liebt er auch den Bogen, der fest ist.“

     

    – Khalil Gibran –

  2. Das Beste, was sie darüber hinaus noch für ihre Kinder tun kann, ist, ihnen den Vater zuzumuten. Auch er ist weltweit der einzig mögliche Vater. Er ist für die Kinder nach wie vor wichtig. Sie bestehen zu 50 % aus seinem Erbgut und wenn sie diesen Teil ablehnt, werden sie ihr das übel nehmen. 
    Wenn sie eine gute Beziehung zu ihren Kindern möchte, dann fängt das bei der Beziehung zu ihrem Vater an. Es kommt häufig vor, dass z.B. der Erziehungsstil des Expartners vom eigenen abweicht. Das ist okay und geht die Exfrau nach der Trennung nichts mehr an. Es ist ihre Entscheidung darunter zu leiden oder zu entspannen und zu sagen, ein Glück, das muss ich jetzt nicht mehr mit ansehen.
    Die Kinder können es vertragen. Was sie nicht vertragen ist, wenn die Eltern die unterschiedlichen Erziehungsstile missbrauchen, um über den jeweils anderen zu schimpfen.
  3. Wenn die Zustände beim Vater und der neuen Frau allerdings tatsächlich die Kinder gefährden, dann ist es dringend Zeit für ein Gespräch mit dem Vater der Kinder.
    Sollte er sich verweigern und das Gespräch nicht führen wollen, bleibt immer noch das Jugendamt oder andere professionelle Hilfe, wie z.B. eine Mediation oder therapeutische Unterstützung. 
    Zuvor empfehle ich jedoch, dass sie ihre Sorgen mit jemandem bespricht, der oder die neutral ist, den Vater kennt und genug Mut zur Wahrheit hat. Sie kann diese Person bitten, ihr absolut ehrlich zu sagen, ob sie glaubt, dass die Kinder gefährdet sind. Sollte diese Person das verneinen, macht es mehr Sinn, sich selbst Unterstützung bei der Verarbeitung der Trennung zu holen, als jetzt den Vater anzuklagen, denn damit schadet sie ihren Kindern. Stimmt die Person ihr allerdings zu, dann ist es wie gesagt, dringend an der Zeit, das Gespräch mit dem Vater zu suchen oder andere Schritte einzuleiten. 

Natürlich gelten diese Ausführungen genauso auch für Väter und Männer und für alle Beteiligten gilt, holt euch professionelle Unterstützung, wenn die Patchworkfamilie aus dem Ruder läuft, ihr euch überfordert fühlt oder die Kinder extrem auffällig sind.

Es gibt Lösungen.

Gerne unterstütze ich euch dabei. Hier könnt ihr einen Termin für ein Vorgespräch mit mir vereinbaren. Ihr seid herzlich Willkommen.

 

Exfrau des Partners - Frieden