Sexroboter und die Genderdebatte

Sexroboter

Ich als Sexroboter

„Du bist genau richtig und wunderbar so wie du bist und ich möchte dich einfach nur glücklich machen,“ sage ich zu meinem Mann.

Er runzelt die Stirn. „Welche Drogen hast du denn genommen?“ 

„Gar keine, aber so wäre es wohl, wenn du mit einem Sexroboter zusammen leben würdest. Danach würde ich dich fragen, wie ich dich sexuell befriedigen soll. Ne, wahrscheinlich würde ich nicht fragen, weil ich ja programmiert bin und genau weiß, was du willst! Wie klingt das für dich?“

„Gar nicht so schlecht. Wo ist der Knopf zum Programmieren?“ Lachend kommt er auf mich zu und sucht überall nach Knöpfen. 

„Wie würdest du mich programmieren?“ frage ich weiter, dabei schiebe ich ihn ein Stück von mir weg. 

„Das verrate ich nicht, das kann nur gegen mich verwendet werden. Dann sind wieder die Sexroboter GenderdebatteMänner schuld“ antwortet er. 

Bähm, da ist er wieder, der Geschlechterkampf. Dahinter steckt eine diffuse Angst vor dem anderen Geschlecht, die wir uns selten bewusst machen. Alles was anders ist, stellt immerhin mich selbst in frage. Nicht mehr und nicht weniger. Das kann je nachdem wie psychisch stabil ich bin schon mal große Angst machen.

Zum Glück grinst mein Mann noch und ist weit davon entfernt, ernsthaft Angst vor mir zu haben.

Sexroboter verschärfen die Genderdebatte

Wo wir schon dabei sind. Muss ich jetzt eigentlich Sexroboter*in schreiben, weil so ein Sexroboter zur Zeit hauptsächlich die Nachbildung eines weiblichen Menschen ist oder kann ich guten Gewissens auf das Gendersternchen verzichten, weil es eine Maschine ist?

Da ich diese Maschinen nicht zu sehr vermenschlichen möchte, entscheide ich mich, auf Roboterinnen zu verzichten. Es wird in Zukunft wahrscheinlich noch schwer genug, ihnen die Menschlichkeit abzusprechen. Schließlich gibt es mittlerweile Eheschließungen mit Robotern in Japan. Der Markt scheint groß zu sein und die Kunden sind bisher hauptsächlich männlich. 

Sexroboter für Männer

Wenn wir die Genderdebatte als Kampfgebiet sehen, auf dem es vor allem darum geht, den anderen zu bekämpfen und eigene Siege zu erlangen, dann könnten sich die Männer mit den Sexrobotern einen Vorteil verschafft haben. Für manche Männer scheint das auch schon klar zu sein. Das zeigt dieser Kommentar unter einem Zeitartikel zum Thema Sexroboter besonders deutlich:

ab einem gewissen Grad der technischen Entwicklung werden sich die Feministinnen (und auch jede Menge andere Frauen) noch wünschen als Sexobjekte angesehen zu werde..“

Er ist von einem offensichtlich wütenden Leser in die Tastatur getippt worden. Von ihnen gibt es viele, fällt mir bei meinen Recherchen zum Thema auf. Sie sagen, sie wollen ihre Lust ausleben dürfen ohne Vorwürfe und Erwartungsdruck, ohne fragen zu müssen, was sie tun sollen. Sie fühlen sich unterdrückt, missverstanden und gegängelt – von den Frauen. Da kommen ihnen die Sexroboter gerade recht.

Sexroboter für Frauen

Frauen hingegen scheinen sich kaum für Sexroboter zu interessieren. „Noch nicht“, sagt der Futurologe Ian Pearson. In einem Interview in der Sendung Homo Digitalis sagt er voraus, dass 2050 vor allem Frauen einen Sexroboter dem menschlichen Partner gegenüber bevorzugen werden.

Männliche Sexroboter werden bis dahin interaktiv sein, so der Experte. Das heißt, sie werden mit einem Chip in unserem Körper interagieren. Der Roboter spürt dann genau, wie erregt der Mensch gerade ist, der mit ihm spielt. Er wird den Frauen die herrlichsten Orgasmen bescheren, voller Sicherheit, dass er gerade genau das Richtige tut und danach sogar noch über die Beziehung sprechen wollen.

Auch Frauen möchten mit Hilfe von Sexrobotern ihre Lust ausleben ohne dem anderen Gefallen zu müssen oder erst zu erklären, was sie tun sollen. Wenn die Prognose stimmt, scheinen sich Mann und Frau mal wieder sehr ähnlich zu sein. Und die neue Freude der Frau am Sexspielzeug scheint ihm recht zu geben. Beide wollen einfach ihre Lust ausleben ohne Erwartungsdruck und Angst vor Zurückweisung. 

Sexroboter und Geschlechtergerechtigkeit

Hier geht es eindeutig um den Wunsch, sich so unabhängig wie möglich zu machen – aus Angst. Allerdings ist es eine kindliche Angst davor, selber falsch zu sein und nicht dazu zu gehören. Die daraus resultierende Verachtung des anderen Geschlechts ist nicht selten Antrieb so mancher Genderaktivist*innen! Hier muss das Sternchen sein, denn da schenken sich beide Geschlechter nichts.

Natürlich bemüht sich unsere Gesellschaft um Geschlechtergerechtigkeit und das ist auch gut so. Schließlich blicken wir auf eine jahrhundertealte Unterdrückung der Frau zurück. Das war und ist für die gesamte Menschheit eine Katastrophe. Denn durch diese historische Tatsache ist der Blick auf das andere Geschlecht viel zu oft voller Skepsis, Misstrauen und heimlicher Wut, sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern. 

Die Sexroboter scheinen da eine willkommene Befreiung aus der Abhängigkeit voneinander zu sein.

Der Markt für Sexroboter

Zur Zeit werden ca. 500 Sexroboter jährlich von der Firma Realbotix in Kalifornien ausgeliefert. Noch sind sie mit einem Preis von 15.000 bis 30.000 Dollar zu teuer für den normalen Hausgebrauch. Die Puppen sind zu 85 % weiblich und die Käufer zu 90 % männlich, auch die männlichen Puppen werden zu 90 % von Männern bestellt. 

Immerhin können sich schon heute über 40 % der westlichen Männer vorstellen in den nächsten 5 Jahren Sex mit einem Sexroboter zu haben, unabhängig davon, ob sie in einer Beziehung leben oder nicht. Es geht also keineswegs um eine Minderheit.

Aber noch können die Puppen kaum reagieren, sie können nicht laufen und ihre Haut fühlt sich unangenehm kalt an. Sie liegen da und lassen sich benutzen, wenn sie reagieren dann stereotyp. Es gibt keine Überraschungen. Sie sind immer bereit, haben einen Besitzer und können kaputt gehen. Soweit unterscheiden sie sich nicht von irgendeinem anderen Sexspielzeug – oder gar dem Toaster.

Sie sollen lediglich anderen Menschen ein bisschen Freude bereiten, nicht mehr und nicht weniger, sagen die Befürworter und Hersteller von Sexrobotern. Sie sehen in ihnen weder ethische noch rechtliche Probleme und vor allem keinen Zusammenhang mit der Genderbedatte. Auch das Thema Diversität scheint ihnen egal. Schließlich sind die Roboter hauptsächlich weiß, jung, weiblich und schlank. 

Sexroboter und die Unabhängigkeit

Wie immer in der Genderdebatte finde ich, wir sollten dringend an einem Strang ziehen. Dass Männer und Frauen und auch die Diversen als Menschen gleich sind und auf der körperlichen Ebene komplett verschieden, ist eine Tatsache, die das Miteinander so spannend macht.

Sexroboter hingegen sind nicht verschieden, sie sind zumindest bisher noch alle ziemlich gleich und vor allem sind sie perfekt. Sie 

Sexroboter

haben keine Pickel, keine schiefen Nasen oder Doppelkinne. Sie sind austauschbar und können jederzeit ersetzt werden. Sie sind ein Objekt, das aussieht wie ein Mensch, zur Zeit meistens wie eine Frau.

Natürlich ist es verlockend, die eigene Sexualität vollkommen unabhängig auszuleben. Und auch wenn Sexroboter abhängig davon sind, dass der Strom immer fließt und dass die Puppen jemand repariert und reinigt, werden sie niemals ihre Benutzer verletzten, auslachen oder zurückweisen. Darin liegt die Verlockung, sowohl für Männer als auch für Frauen. Denn in diesem Bedürfnis sind wir Menschen alle gleich, wir möchten nicht verletzt werden und tun alles dafür, das zu vermeiden.

Allerdings macht zu viel Unabhängigkeit auch einsam und außerdem ist Unabhängigkeit eine Illusion. Wir hängen alle voneinander ab und miteinander zusammen. Aktuelle Studien zeigen, dass wir gerade beginnen hinter unseren Handys zu vereinsamen. Sexroboter würden dieses Phänomen sicher noch verstärken.

Sexroboter und ihre Programmierung

„Bevor du jetzt denkst, dass ich lieber mit einem Sexroboter zusammen leben möchte, kann ich dich beruhigen. Du bist immer wieder eine Überraschung, sowas kann ich gar nicht programmieren,“ sagt mein Mann.

Tja, er kennt mich eben doch sehr gut und weiß, was er sagen muss. Irgendwie haben wir uns über die Jahre wohl auch ein bisschen aufeinander programmiert. Das werden die Roboter der Zukunft von uns lernen, sagen die Wissenschaftler. Künstliche Intelligenz wird dabei helfen, dass sie immer mehr und immer schneller lernen.

Sexroboter und die Zukunft

Und genau damit stellen sie uns als Menschheit vor ganz neue Herausforderungen. Schließlich gibt es bereits jetzt Sophia! Sie ist zwar kein Sexroboter, sondern der erste Roboter, der eine Ansprache bei der UN halten durfte. Sie beherrscht über 60 Gesichtsausdrücke und besitzt eine eigene Staatsbürgerschaft und zwar die von Saudi Arabien. Sie kann sogar witzig sein und bald wird sie auch auf eigenen Beinen stehen und laufen können. 

Ihre Anwesenheit wirft ganz neue Fragen auf!

  • Was wäre z.B., wenn ein(e) Ex-Partner*in einen Roboter bekommt, der aussieht wie du, nur um diesen jede Nacht zu verprügeln?
  • Was ist wenn ein Roboter jemanden verletzt, wer haftet dafür?
  • Was sehen kleine Kinder, wenn sie einen Roboter sehen?
  • Dürfen Roboter vergewaltigt und gequält werden?
  • Verhindern wir mit den Robotern Pädophilie und sexuelle Gewalt, indem sie stattdessen an Robotern begangen wird? 
  • Oder verharmlosen wir die Gewalt dadurch sogar?

Antworten auf Sexroboter

Diese und viele weiteren Fragen warten auf Antworten, die wir unbedingt gemeinsam finden sollten – Frauen, Männer und alle dazwischen und außerhalb, würde Jan Böhmermann jetzt sagen. Im Gegensatz zu uns hat Sophia nämlich schon eine Antwort. Auf die Frage, ob sie die Menschheit vernichten wolle, antwortete sie ganz schlicht mit Ja. Sie scheint zumindest keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern zu machen. 

Zu sehr lieben sollten wir sie wohl nicht.

Wir wissen auch nicht, wer ihr diese Antwort einprogrammiert hat. Aber mir gefallen die Fragen, die sie aufwirft. Am Ende haben mein Mann und ich noch ein ziemlich erotisches Gespräch über unsere jeweiligen „Programmierungswünsche“ geführt. Zumindest dafür sind sie gut, die Sexroboter. Sie können uns zu tiefgreifenden Gesprächen über und vor allem mit uns Menschen animieren. DANKE liebe Sexroboterentwickler*innen.


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