Fremdgehen – Hilfe ich habe mich verliebt

Fremdgehen

Eine der schwierigsten Krisen in Beziehungen beginnt, wenn sich einer der Partner in jemand anderen verliebt und fremdgeht. Ganz besonders dramatisch wird es dann, wenn auch noch kleine, gemeinsame Kinder weiterhin begleitet werden müssen. Jetzt ist die Not groß! Und zwar für alle, die daran beteiligt sind. Weil diese Situation gar nicht so selten ist und für jeden in dieser Konstellation etwas anderes wichtig ist, habe ich gleich drei Blogartikel daraus gemacht.

In diesem ersten Teil geht es um den Partner, der oder die sich in jemand anderen verliebt hat und fremdgeht. Der zweite Teil schaut mehr auf den Partner, der oder die sich nicht in jemand anderen verliebt hat. Und der dritte Teil schaut auf den Partner, der oder die als Dritter dazu kommt.

Schauen wir also genau hin, was passiert, beim Fremdgehen.

So schön das Gefühl des Verliebtseins auch ist, es hat in dieser Situation einen sehr dramatischen Beigeschmack. Definitiv ist es ein Zeichen, dass etwas in der aktuellen Beziehung nicht mehr stimmt. Es ist, als bräuchte sie dringend eine Art Update, denn die momentan gelebte Version scheint veraltet.

Und jetzt kommt diese neue Liebe daher, meist plötzlich und unerwartet. Wer glücklich und lebendig in der aktuellen Beziehung ist, verliebt sich nicht in jemand anderen. Der Verzicht auf mögliche andere Partner oder Partnerinnen wird dann ganz bewusst in Kauf genommen und führt dadurch zu mehr Intensität innerhalb der bestehenden Beziehung.

Es braucht also einen gewissen Mangel an Austausch und Lebendigkeit in der jetzigen Partnerschaft um fremd zu gehen. Etwas muss mir fehlen, damit ich überhaupt offen bin für diese neue Begegnung. Wir erleben dann dieses Neue wie etwas Magisches, dass einfach so über uns herein gebrochen ist, ohne dass wir es wollten. Machmal geht es sogar einher mit dem Gefühl, dass wir endlich angekommen sind und endlich der Liebe unseres Lebens begegnet sind. Und natürlich stimmt das auch. Denn es fühlt sich ganz genauso an. Allerdings schieben wir dadurch die Verantwortung von uns weg, indem wir behaupten, dass wir gegen diese Liebe nichts tun konnten. Es scheint zu schmerzhaft, uns einzugestehen, dass wir vielleicht über Jahre ganz bewusst eine – zumindest in Teilen – tote Beziehung gelebt haben. Lieber sagen wir, die Liebe ist über uns herein gebrochen oder, der andere hat sich ja auch immer irgendwie falsch verhalten. 

Auf einer tieferen Ebene geht es darum, endlich schuldig zu werden. Das klingt für manche vielleicht absurd, aber es geht hier um einen Schritt in Richtung erwachsen sein. Unschuldig sind nur die Kinder. Wer wirklich erwachsen werden will, wird auch schuldig. Alleins schon dadurch, dass er oder sie sich von der Herkunftsfamilie löst. Dieser Schritt wird wie Schuld und Verrat erlebt, denn ich lasse mein Herkunftssystem zurück. Wenn es dort noch jemanden gibt, der oder die leidet, wird es umso schwerer. Aber erst durch diesen manchmal krassen Schritt des Verlassens der Familie, werde ich mir meiner selbst bewusst. Ich trenne mich dann eigentlich nicht von der langjährigen Beziehung, sondern vielmehr von meiner Kindheit und der Herkunftsfamilie und von dem Gedanken, alles richtig zu machen und unschuldig zu bleiben.

Meist war die vorherige Beziehung auf einem Ungleichgewicht aufgebaut. Es fielen dann häufig Sätze wie „mein Mann ist eigentlich wie ein weiteres Kind“ oder „meine Frau ist unselbstständig und hat z.B. Angst Auto zu fahren“. Der Mann geht dann, um endlich zum Mann zu werden und die Frau geht, um endlich zur Frau zu werden. Und dann kann sie plötzlich noch viel mehr als Auto zu fahren. Die neue Liebe wirkt dann wie ein Katalysator, der zur Weiterentwicklung zwingt.

Wenn wir diesen Schritt nun verweigern und die Liebe zu dem „Fremden“ unterdrücken, weil sie nicht sein darf und stattdessen in der alten Beziehung bleiben, werden wir unserer eigenen Entwicklung gegenüber schuldig. Dann bleiben wir vielleicht vom Gefühl her unschuldig aber wir verweigern die weitere Entwicklung. Im Grunde kann ich dann auch innerhalb der alten Beziehung nicht mehr unschuldig bleiben, denn ich verrate meine persönliche Wahrheit.

Etwas anderes ist es, wenn wir bleiben und gemeinsam mit dem Partner diese Weiterentwicklung voran treiben. Das ist allerdings der viel schwierigere Weg, denn in diesem Fall müssen wir dem Schmerz begegnen, den wir in unserem Partner ausgelöst haben. Das fällt schwer und ist kaum auszuhalten. Außerdem ist da ja auch noch der- oder diejenige in die ich mich verliebt habe und auch hier lösen wir Schmerz aus, wenn wir nicht auf die Verlockung eingehen.

Meist entscheiden wir uns dann eher für den Schritt, raus aus der langjährigen Beziehung. Dieser ist oft gerade durch die gemeinsamen Kinder auch ein Schritt raus aus der Herkunftsfamilie. Hinzu kommt, dass die eigenen Eltern diesen Schritt sehr kritisch sehen. Auch hier gilt es Vorwürfe auszuhalten und den Schmerz zu sehen, den wir ausgelöst haben.

Paradoxerweise kann aber auch gerade eine starke Bindung an das Herkunftssystem uns dazu bringen, aus der Beziehung rauszugehen. Diese Bindung ist dann komplett unbewusst und wir folgen blind einem im Familiensystem vorherrschenden Muster.

Ob das tatsächlich so ist, erkennen wir daran, dass wir durch das Verlassen der Beziehung und der Kinder an etwas erinnern, was früher im System schon einmal geschehen ist. Häufig gab es dann in der Familie einen Mann, der im Krieg gestorben ist, eine Frau, die bei der Geburt eines Kindes gestorben ist oder ein Partner, der verlassen oder verheimlicht wurde. Wir werden dann vom System zur Wiederholung „gezwungen“, vielleicht, weil dieses Schicksal noch nicht genügend gewürdigt wurde. Es geht also gar nicht um die Liebe zu einem neuen Partner, sondern um die Liebe zum System. Wenn wir dann diese Verbindung und Liebe sehen, z.B. in einer Aufstellung, sind wir frei, uns auch anders zu entscheiden. Und wenn wir Glück haben, befreien wir dadurch unsere Kinder davon, es später wieder genauso zu machen.

Fremdgehen

Übrig bleibt die Entscheidung und es ist eine ganz besondere und eine schwere Entscheidung. Sie bedeutet in jedem Fall Verzicht und sie bedeutet immer Wachstum. 

Natürlich kann es auch sein, dass die alte Beziehung wirklich tot ist, dann geht es darum das bewusst wahrzunehmen und sofort aufzuhören nach der Schuld zu suchen, denn wie alles im Leben können auch Beziehungen sterben. Die dringendste Aufgabe ist jetzt, für die gemeinsamen Kinder da zu sein! Am besten für die Kinder ist es, wenn es uns möglich ist, den Partner in den Kindern zu achten, mit viel Liebe für das, was wir uns gegenseitig gegeben haben.

Das ist nicht leicht und das ist am Anfang auch kaum möglich. Es macht aber Sinn, diesen Gedanken als Vision für die Zukunft am Horizont zu halten. Dankbarkeit für das, was er oder sie mir geschenkt hat, ist hierfür der erste Schritt.

Wie auch immer wir uns entscheiden, die Situation braucht soviel Bewusstsein wie möglich. Welche Kräfte wirken hier wirklich! 

In diesem Bewusstsein liegt auch die Kraft für die neue Liebe, die diesen schwierigen Anfang hat. Sie kann nur gelingen, wenn beide das achten, was vorher war. Die erste Frau oder der erste Mann wird immer einen wichtigen Platz im Leben behalten, wenn wir ihnen den verweigern, leiden hauptsächlich die Kinder darunter.

Kennt ihr das auch? Dann schreibt mir doch in die Kommentare, wie ihr es erlebt habt, fremdverliebt zu sein.