Ich will mich ändern – aber wie?

Viele Paare kommen im Laufe ihrer langjährigen Beziehung irgendwann an den Punkt, dass sich etwas ändern muss. Meistens wissen sie nicht genau was, manchmal ist der eine oder die andere von ihnen sogar schon so weit, dass sie sagen, ich will mich ändern. Aber sie wissen nicht, wie zur Hölle das geht.

Das eigene Verhalten zu ändern ist tatsächlich nicht so einfach und in einer langjährigen Beziehung schon gar nicht. Es gibt unendlich viele Ratgeber und noch viel mehr Informationen im Internet, die uns zeigen, wie wir uns ändern können, um endlich glücklich zu sein. Denn das ist natürlich das Ziel. Wir wollen glücklich sein, am besten immer und den ganzen Tag und der Partner soll gefälligst auch glücklich sein.

Dennoch gelingt es uns immer seltener. Wenn wir uns im Bekanntenkreis auf die Suche nach einem glücklichen Menschen machen, der auch noch eine glückliche, langjährige Beziehung führt, suchen wir in der Regel sehr lange. Fragen wir uns selbst, wann wir das letzte Mal wirklich glücklich waren, suchen wir meist genauso lange. Und wenn wir dann noch drüber nachdenken, wann wir das letzte Mal in unserer langjährigen Beziehung richtig glücklich waren, sind wir schon fast verzweifelt.

Die Scheidungsrate in Deutschland ist nach wie vor hoch und der jungen Generation wird seit einiger Zeit auch noch Beziehungsunfähigkeit nachgesagt. Wir wissen einfach nicht, wie glücklich sein in langjährigen Beziehungen eigentlich geht.

Ich will mich ändern – aber wie?

Es gehört mittlerweile zum Allgemeinwissen, dass wir unseren Partner oder unsere Partnerin nicht ändern können, also stürzen wir uns auf uns selbst und beginnen mit der Selbstoptimierung.

Es ist gar nicht so selten, dass Menschen in der Beratung vor mir sitzen und genau diesen Satz sagen, „ich will mich ändern – aber wie?“ Sie wünschen sich dann konkrete Tipps, die sie schnell umsetzen können. Als gäbe es eine Art Kochrezept für die Selbstveränderung:

Man nehme eine große Portion Selbstliebe, füge etwas Freundlichkeit in die Stimme, dazu eine Prise Lächeln und schütte das Ganze dann mit einer Soße aus Liebe über dem Partner aus. Fertig ist das glückliche Paar. Und das auch noch selbst gemacht.

Das mag jetzt lustig klingen, aber es ist im wesentlichen das, was wir von uns verlangen.

Meine Antwort geht allerdings immer in die andere Richtung. Finde heraus, wie du es schaffst, dass du so unglücklich bist. Die Reaktion darauf ist entweder ein Stirnrunzeln und die Frage, wie ich das meine oder leichter Unmut mit der Aussage, dass er oder sie nichts dafür kann, sondern dass es die Umstände, der Partner und was weiß ich noch alles sind.

Dass sie ihr Unglück selbst machen, ist undenkbar. Sie wollen doch nur wissen, wie sie sich glücklich machen, denn das trauen sie sich selbst zu. Damit sind wir dann aber leider weit weg von dem, was ist und noch weiter weg von dem, was wir jetzt gerade wirklich fühlen.

Schauen wir uns mal ein aktuelles Beispiel aus meiner Praxis an, das ich ein bisschen geändert habe, damit sich niemand darin erkennen kann.

Ich will mich ändern – im Urlaub

Eine Frau, die in meiner Beratung war, erzählte mir in der Stunde nach ihrem Urlaub, wie es ihr ergangen war. Da ich ja gerade selbst im Urlaub war, konnte ich ihre Geschichte ganz besonders gut nachvollziehen.

Sie war nach langer Zeit mal wieder eine ganze Woche mit ihrem Mann über die Feiertage im Urlaub gewesen, ohne Freunde und ohne Termine vor Ort. Nur sie und ihr Mann durften täglich 24 Stunden zusammen verbringen. Das bedeutete nicht nur Erholung und Freude, sondern in ihrem Fall leider auch Krise. Der gut strukturierte Alltag, der Halt, Sicherheit und Rückzugsmöglichkeiten gibt, fehlt im Urlaub. Deshalb ist es gar nicht so selten, dass wir gerade dann in Streit geraten, wenn es doch schön werden soll.

Warte! 

Wie bei den meisten Paaren ist es auch bei ihr und ihrem Mann so, dass sie ein unterschiedliches Grundtempo haben. Er ist einfach immer schneller als sie! Er isst schneller, braucht im Bad nur kurze Zeit und er springt sofort auf, wenn es darum geht, dass sie irgendwohin aufbrechen wollen.

Das bedeutet für sie, dass sie ihn ständig darum bitten muss zu warten. Sie fühlt sich dann viel zu langsam, unzulänglich und gehetzt. Irgendwann begann sie sogar damit zu zählen, wie oft sie warte zu ihm sagen „müsse“. Und sie führte diese Strichliste nicht heimlich, sondern sie zählte ihm jedes einzelne „Warte“ vor und wollte, dass er endlich langsamer werde. Schließlich seien sie im Urlaub und wenigstens dort sollten sie doch das Leben genießen. Er wurde wütend und sie wurde wütend. Sie saßen nun also in der Sonne am Strand mit Blick auf das Meer und waren wütend.

‚So ein Schwachsinn‘, dachte meine Klientin. Sie las gerade das Buch von Schnarch, das ich ihr empfohlen hatte, in dem steht, dass der- oder diejenige mit dem geringeren Verlangen entscheidet, wie häufig es zur Sexualität kommt. Daraufhin kam ihr die Idee, dass es doch sein könnte, dass sie als die langsamere von Beiden entscheidet, in welchem Tempo sie das Leben leben?

VeraenderungEin neuer Gedanke war geboren. Entstanden aus dem Wunsch danach, sich selbst zu verändern, weil eine Beziehungskrise ihr zeigte, dass es so nicht weiter gehen kann. Ein Anfang war gemacht.

Ich will mich ändern – oder anders Verhalten?

Sie begann also diesmal nicht die übliche Diskussion, sondern nahm die Herausforderung an und machte sich auf die Suche nach einer Änderung. Wenn es tatsächlich so sein sollte, dass die Lösung NICHT im veränderten Verhalten des Partners lag – gleichwohl es sich so anfühlte – blieb als Schlüssel zur Veränderung nur noch das eigene Verhalten.

Es stimmte zwar, dass ihr Mann sie antrieb schneller zu sein, aber sie war diejenige, die ihn ausbremste und ständig „warte“ rief, bis zu 12 mal am Tag hatte sie gezählt. Und was tat er? In den meisten Fällen hielt er wirklich kurz inne und wartete, so wie sie es von ihm verlangte. Plötzlich fühlte sie, dass sie gar nicht diejenige war, die gegen den eigenen Rhythmus agieren musste, sondern er. Er war derjenige, der ausgebremst wurde und auf sie wartete. Sie hatte sich also durchgesetzt und war trotzdem wütend auf ihn! Wieder so ein neuer Gedanke. Da war sie nun also diejenige, die das Tempo vorgab und trotzdem war es nicht richtig.

Es ging also immer noch darum, andere Verhaltensweisen auszuprobieren. Getreu dem Motto, wenn etwas (12 mal täglich) nicht funktioniert, probiere etwas anderes.

Ich will mich ändern – so geht’s

Also begann sie damit, etwas anderes zu tun. Der erste Schritt war jetzt, damit aufzuhören ‚warte‘ zu sagen. Und zwar nicht aus Resignation weil er sich nicht änderte oder weil es ihr egal war, was ihr Mann tat, sondern einfach, weil sie nicht mehr wollte, dass er auf sie warten musste. Im Gegenzug ließ sie sich aber auch nicht drängen und sie beeilte sich nicht, nur weil er schon fertig gegessen hatte oder los wollte.

Sie spürte seine Ungeduld, schaute ihn an und dann tat sie etwas anderes. 

Sie sagte „Jetzt würde ich eigentlich ‚warte‘ sagen, aber ich will das nicht mehr. Ich lasse mir Zeit mit den Dingen und zwar, weil ich gar nicht anders kann. Ich bin eindeutig viel langsamer als du. Was können wir jetzt tun, um uns deswegen nicht ständig auf die Nerven zu gehen?“

Er schwieg und dann antwortete er „Keine Ahnung!“ Endich dachten sie gemeinsam über ein Lösung nach. Am Ende der Überlegungen schnappte er sich das Fahrrad und fuhr eine Runde, während sie in Ruhe zu Ende aß.

Sie war erleichtert. Wow, so einfach war das?!

Die nächste Situation ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Sie standen auf einem Felsen am Meer und der Atlantik tobte um sie herum. Sie war begeistert von den Wellen und machte Fotos. Nicht nur ein paar Fotos, sondern vielleicht hundert Fotos. Sie fühlte sich irgendwie eins mit den Wellen und jede neue Welle sahIch will mich aendern anders aus. Da gab es diesen einen Moment, wenn die Wellen an den dunklen Felsen brachen und die weiße Gischt im Kontrast dazu deutlich wurde, diesen Moment wollte sie einfangen. Ihren Mann hatte sie zwar irgendwie im Kopf aber sie wollte Zeit haben, alle Fotos zu machen, bis das richtige dabei war. Sie erkannte, dass das hier gerade wieder so ein „Warte-Moment“ war.

Als sie nach ihm sah, fand sie ihn nicht. Nervosität stieg in ihr auf, denn das war ja der Grund aus dem sie ihn ständig bat, zu warten. Sie wollte nicht allein zurück bleiben. Schon als Kind hatte sie es gehasst, die letzte zu sein. Fragen tauchten auf.

  • War er jetzt sauer?
  • Wo war er überhaupt?
  • Vielleicht war ihm etwas zugestoßen?
  • Hatte er sie aus den Augen verloren?
  • Würde er einfach alleine mit dem Auto zurück ins Hotel fahren?

Nein, das war Quatsch. Sie würden sich spätestens am Auto treffen. Sie schaute auf ihr Handy, es war auf laut gestellt und sie hatte Empfang, also alles gut. Im besten Falle genoß er einfach die Bewegung. Noch einmal schaute sie in in die Wellen, sie waren unglaublich schön und kraftvoll. Es war okay, einfach dazustehen und zu wissen, dass sie nicht verlassen oder zurück geblieben war. Ihr Mann achtete auf sich und tat das, was für ihn jetzt richtig war. Zumindest hoffte sie das.

Natürlich wurden auch ihr die Wellen irgendwann langweilig und es wurde Zeit zum Auto zu gehen. Das tat sie dann auch. Schon auf dem Weg dahin traf sie ihren Mann wieder. Er berichtete von den vielen Menschen, die er inzwischen getroffen hatte und was sie gesagt hätten. Sie zeigte ihm ein paar der Fotos, die sie gemacht hatte. Beide grinsten sich an und waren zufrieden mit sich. „Ich habe wirklich meine Angst gespürt, dass du mich zurück lassen könntest“ sagte sie ihm. Er nickte und sagte „Ich weiß, und manchmal denke ich dass ich es tun möchte“.

Erstaunlicherweise machte ihr das keine Angst, denn er sprach einfach das aus, was sie schon immer gespürt hatte

Hat sie sich jetzt geändert?

Sollte es so leicht sein, sich zu ändern? Oder ist sie eigentlich nur viel mehr sie selbst geworden? Sie ist auf jeden Fall aus dem Paartanz ausgestiegen ist. Und wie bei einem echten Tanz, bei dem sich der eine Körper nach dem anderen richtet, ist es auch beim Paartanz. Er funktioniert nur, wenn beide die immer gleichen „Bewegungen“ machen. Wenn es ein schöner Tanz ist, dann macht er glücklich. Wenn es ein Tanz ist, der unglücklich macht, dann ist es Zeit mit dem Tanz aufzuhören. Der Anfang ist immer diese erste andere Bewegung. Sie beendet den Tanz sofort und dadurch sind auch tiefer gehende Veränderungen möglich.

Am Flughafen hat sie dann doch wieder „warte“ gesagt… macht nichts. Ein neuer Tanz braucht Übung.

Wenn ihr auch in einem unglücklichen Paartanz gefangen seid, versucht es mit meinem  Emailkurs „Rette deine Beziehung“ Er durchbricht auf jeden Fall die immer gleichen Bewegungen.